Die steuerliche Behandlung von Kryptowährungen, im Folgenden als „Kryptos“, und darüber hinaus von sogenannten „Tokens“, war lange Zeit für Anleger und die Finanzverwaltung eine Herausforderung. Das Bundesfinanzministerium schuf mit seinem Schreiben vom 10.05.2022 Klarheit und klärte grundlegend die Problematik für beide Seiten. Zunächst erläuterte der Gesetzgeber die Einordnung virtueller Währungen in die bestehenden Regularien. Dabei wurde betont, dass virtuelle Währungen digitale Darstellungen von Werten sind, die weder von einer Zentralbank noch von einer öffentlichen Stelle emittiert oder garantiert werden. Daher besitzen sie nicht den rechtlichen Status einer Währung.

Das Bundesfinanzministerium vertritt die klare Position, dass Kryptos aus ertragsteuerlicher Sicht im Allgemeinen gemäß § 23 Abs. 1 Nr. 2 EStG als andere Wirtschaftsgüter zu klassifizieren sind. Die Veräußerung gilt aufgrund dieser Einordnung als steuerpflichtiges privates Veräußerungsgeschäft gemäß § 22 Nr. 2 i. V. m. § 23 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 EStG, wenn zwischen Anschaffung und Veräußerung nicht mehr als ein Jahr liegt. Eine Prüfung der Einkünfteerzielungsabsicht ist nicht erforderlich, da der Gesetzgeber diese aufgrund des Verkaufs innerhalb der Frist voraussetzt. Die Verlängerung der Veräußerungsfrist nach § 23 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 S. 4 EStG findet bei virtuellen Währungen keine Anwendung. Allerdings bleiben die Gewinne gemäß § 23 Abs. 3 S. 5 EStG steuerfrei, wenn sie EUR 600,00 im Kalenderjahr nicht überschreiten.

Es sind sowohl ein Anschaffungs- als auch ein Veräußerungsvorgang erforderlich. Als Anschaffung gilt der kostenpflichtige Erwerb von Vermögenswerten von Dritten, einschließlich dem Erwerb von Einheiten einer virtuellen Währung und anderen Tokens im Rahmen von Tätigkeiten wie dem Blockerstellungsprozess („Mining“). Ebenso gelten als entgeltlich erworben alle Einheiten einer virtuellen Währung und sonstige Tokens, die durch den Austausch gegen staatliche Währungen, Waren, Dienstleistungen oder andere virtuelle Währungen und Tokens erworben wurden. Die kostenpflichtige Übertragung des erworbenen Vermögenswerts an Dritte stellt eine Veräußerung dar.

Die Veräußerungsfrist beginnt nach jedem Tausch neu. Obwohl die meisten großen Handelsplattformen für Kryptowährungen mittlerweile Anschaffungs- und Veräußerungsvorgänge zuverlässig erfassen, wird eine selbst durchgeführte Dokumentation mittels Excel-Tabellen und Screenshots weiterhin empfohlen. Der Gewinn oder Verlust aus dem Verkauf von Einheiten einer virtuellen Währung und anderen Tokens wird durch Subtraktion des Veräußerungserlöses von den Anschaffungs- und Werbungskosten berechnet. Bei Veräußerung in Euro wird das vereinbarte Entgelt als Veräußerungserlös betrachtet. Im Falle eines Tauschs von Einheiten gegen eine andere virtuelle Währung oder Tokens gilt als Veräußerungserlös der Marktkurs am Tauschtag. Falls der Marktkurs der erhaltenen Einheiten nicht ermittelbar ist, wird der Marktkurs der hingegebenen Einheiten akzeptiert.