Für Steuerhinterziehung reicht von den verschiedenen Vorsatzformen bereits bedingter Vorsatz aus. Dieser kommt in Betracht, wenn der Täter die Tatbestandsverwirklichung für möglich hält. Es ist nicht erforderlich, dass der Täter die Tatbestandsverwirklichung anstrebt oder für sicher hält. Nach derRechtsprechung ist für die Annahme des bedingten Vorsatzes neben dem „Für-Möglich-Halten“ der Tatbestandsverwirklichung zusätzlich erforderlich, dass der Eintritt des Taterfolges billigend in Kauf genommen wird. Für die billigende Inkaufnahme reicht es, dass dem Täter der als möglich erscheinende Handlungserfolg gleichgültig ist.
Beispiel (für direkten Vorsatz)
Der Berechtigte gibt in dem Kindergeldantrag an, dass das Kind ein freiwilliges soziales Jahr ableistet, obwohl er genau weiß, dass das Kind einer Erwerbstätigkeit nachgeht und nie die Absicht hatte ein freiwilliges soziales Jahr abzuleisten. Die Familienkasse setzt aufgrund der schlüssigen Angaben Kindergeld fest. Der Berechtigte erfüllt den objektiven Tatbestand des § 370 Abs. 1 Nr. 1 AO. Er hat gegenüber der Familienkasse unrichtige Angaben gemacht, die für den Kindergeldanspruch erheblich sind. Bezüglich aller objektiven Tatbestandsmerkmale handelte er mit Vorsatz („Wissen und Wollen“). Er wusste, dass die Angaben im Kindergeldantrag falsch sind und einen Anspruch auf Kindergeld begründen würden und dass die Familienkasse darüber keine Kenntnis hat. Er wollte mit diesen Angaben einen ungerechtfertigten Steuervorteil erlangen.
Beispiel (für bedingten Vorsatz)
Einem Berechtigten, der wider besseres Wissen nicht unverzüglich mitteilt, dass sein Kind das Studium abgebrochen und eine Arbeit aufgenommen hat, kann unterstellt werden, dass er wegen der Hinweise auf Antrag, Bescheid und im Merkblatt weiß, dass eine Mitteilungspflicht besteht; kommt er ihr nicht nach, so nimmt er zumindest billigend in Kauf, dass er einen ungerechtfertigten Steuervorteil erhält. Daher kommt in der Regel vorsätzliches Handeln in Betracht. Durch die Hinweise auf das Kindergeld auf Kontoauszug oder Gehaltsmitteilung werden ihm diese Umstände jeweils wieder ins Bewusstsein gebracht.