Nach § 147 Absatz 6 Abgabenorndung (AO) hat das Finanzamt das Recht, die mit Hilfe eines Datenverarbeitungssystems erstellten und nach § 147 Absatz 1 AO aufbewahrungspflichtigen Unterlagen durch Datenzugriff zu prüfen. Das Recht auf Datenzugriff steht dem Finanzamt nur im Rahmen Steuerprüfung, einer sogenannten Außenprüfungen, zu.
Durch die Regelungen zum Datenzugriff wird der sachliche Umfang der Steuerprüfung / Außenprüfung (§ 194 AO) nicht erweitert; er wird durch die Prüfungsanordnung (§ 196 AO, § 5 BpO) bestimmt.
Wer aufzubewahrende Unterlagen in der Form einer Wiedergabe auf einer CD oder einer DVD vorlegt, ist nach § 147 Absatz 5 AO verpflichtet, auf seine Kosten diejenigen Hilfsmittel zur Verfügung zu stellen, die erforderlich sind, um die Unterlagen lesbar zu machen. Auf Verlangen des Finanzamts hat der Steuerpflichtige auf seine Kosten die Unterlagen unverzüglich ganz oder teilweise auszudrucken oder ohne Hilfsmittel lesbare Reproduktionen beizubringen.
Der Steuerpflichtige muss durch Scannen digitalisierte Unterlagen über sein Datenverarbeitungssystem per Bildschirm lesbar machen. Ein Ausdruck auf Papier ist nicht ausreichend. Die elektronischen Dokumente müssen für die Dauer der Aufbewahrungsfrist jederzeit lesbar sein (BFH-Beschluss vom 26. September 2007, BStBl II 2008 S. 415).
Umfang und Ausübung des Rechts auf Datenzugriff
Gegenstand der Steuerprüfung sind die nach außersteuerlichen und steuerlichen Vorschriften aufzeichnungspflichtigen und die nach § 147 Absatz 1 AO aufbewahrungspflichtigen Unterlagen.
Hierfür sind insbesondere die Daten der:
- Finanzbuchhaltung,
- der Anlagenbuchhaltung,
- der Lohnbuchhaltung und
- aller Vor- und Nebensysteme, die aufzeichnungs- und aufbewahrungspflichtige Unterlagen enthalten,
Soweit in Bereichen des Unternehmens betriebliche Abläufe mit Hilfe eines Datenverarbeitungs-Systems abgebildet werden, sind die betroffenen Datenverarbeitungs-Systeme durch den Steuerpflichtigen zu identifizieren, die darin enthaltenen Daten nach Maßgabe der außersteuerlichen und steuerlichen Aufzeichnungs- und Aufbewahrungspflichten zu qualifizieren (Erstqualifizierung) und für den Datenzugriff in geeigneter Weise vorzuhalten. Finanzbehörde im Rahmen ihres pflichtgemäßen Ermessens verlangen, dass der Steuer pflichtige den Datenzugriff auf diese nach außersteuerlichen und steuerlichen Vorschriften tatsächlich aufgezeichneten und aufbewahrten Daten nachträglich ermöglicht.
Bei unzutreffender Qualifizierung von Daten kann die Finanzbehörde im Rahmen ihres pflichtgemäßen Ermessens verlangen, dass der Steuerpflichtige den Datenzugriff auf diese nach außersteuerlichen und steuerlichen Vorschriften tatsächlich aufgezeichneten und aufbewahrten Daten nachträglich ermöglicht.
Wie erfolgt der Datenzugriff?
Bei der Ausübung des Rechts auf Datenzugriff steht dem Finanzamt im Rahmen der Steuerprüfung nach dem Gesetz drei gleichberechtigte Möglichkeiten zur Verfügung.
Die Entscheidung, von welcher Möglichkeit des Datenzugriffs die Finanzbehörde Gebrauch macht, steht in ihrem pflichtgemäßen Ermessen; falls erforderlich, kann sie auch kumulativ mehrere Möglichkeiten in Anspruch nehmen:
1. Unmittelbarer Datenzugriff
Die Finanzbehörde hat das Recht, selbst unmittelbar auf das System dergestalt zuzugreifen, dass sie in Form des Nur-Lesezugriffs Einsicht in die aufzeichnungs- und aufbewahrungspflichtigen Daten nimmt und die vom Steuerpflichtigen oder von einem beauftragten Dritten eingesetzte Hard- und Software zur Prüfung der gespeicherten Daten einschließlich der jeweiligen Meta-, Stamm- und Bewegungsdaten sowie der entsprechenden Verknüpfungen (z. B. zwischen den Tabellen einer relationalen Datenbank) nutzt.
Dabei darf sie nur mit Hilfe dieser Hard- und Software auf die elektronisch gespeicherten Daten zugreifen. Dies schließt eine Fernabfrage (Online-Zugriff) der Finanzbehörde auf das System des Steuerpflichtigen durch die Finanzbehörde aus. Der Nur-Lesezugriff umfasst das Lesen und Analysieren der Daten unter Nutzung der imSystem vorhandenen Auswertungsmöglichkeiten (z. B. Filtern und Sortieren).
2. Mittelbarer Datenzugriff
Die Finanzbehörde kann vom Steuerpflichtigen auch verlangen, dass er an ihrer Stelle die aufzeichnungs- und aufbewahrungspflichtigen Daten nach ihren Vorgaben maschinell auswertet oder von einem beauftragten Dritten maschinell auswerten lässt, um anschließend einen Nur-Lesezugriff durchführen zu können. Es kann nur eine maschinelle Auswertung unter Verwendung der im System des Steuerpflichtigen oder des beauftragten Dritten vorhandenen Auswertungsmöglichkeiten verlangt werden.
3. Datenträgerüberlassung
Die Finanzbehörde kann ferner verlangen, dass ihr die aufzeichnungs- und aufbewah-rungspflichtigen Daten, einschließlich der jeweiligen Meta-, Stamm- und Bewegungs-daten sowie der internen und externen Verknüpfungen (z. B. zwischen den Tabellen einer relationalen Datenbank), und elektronische Dokumente und Unterlagen auf einem maschinell lesbaren und auswertbaren Datenträger zur Auswertung überlassen werden. Die Finanzbehörde ist nicht berechtigt, selbst Daten aus dem DV-System herunterzuladen oder Kopien vorhandener Datensicherungen vorzunehmen.
Die Datenträgerüberlassung umfasst die Mitnahme der Daten aus der Sphäre des Steuerpflichtigen. Eine Mitnahme der Datenträger aus der Sphäre des Steuerpflichtigen sollte im Regelfall nur in Abstimmung mit dem Steuerpflichtigen erfolgen. Der zur Auswertung überlassene Datenträger ist spätestens nach Bestandskraft der auf-grund der Außenprüfung ergangenen Bescheide an den Steuerpflichtigen zurückzuge-ben und die Daten sind zu löschen. Die Finanzbehörde hat bei Anwendung der Regelungen zum Datenzugriff den Grund-satz der Verhältnismäßigkeit zu beachten.