Die Digitalisierung hat auch in 2018 deutlich an Tempo zugelegt. Dies stellt auch die Finanzverwaltung – neben der demografischen Entwicklung – vor neue Herausforderungen. Um einen gerechten und gleichmäßigen Steuervollzug zu gewährleisten, wurde das Gesetz zur Modernisierung des Besteuerungsverfahrens zum 01.01.2017 in Kraft gesetzt. Die technische Umsetzung des Gesetzes soll 2022 abgeschlossen sein.
Ziel des Gesetzgebers ist es, zukünftig den Großteil der elektronischen Erklärungen automatisiert zu bearbeiten und zu veranlagen, ohne dass ein personeller Eingriff in Abläufe erfolgt. Dafür sollen verstärkt Daten von dritter Seite beigesteuert werden (z. B. Rentenversicherungsträger u. a.), die für diese Daten haften. Der Amtsermittlungsgrundsatz wird um eine risikoorientierte Programmprüfung mit Zufallsauswahl ergänzt. Schwerpunkt ist die sogenannte „vorausgefüllte Steuererklärung“ sowie ein IT-gestütztes Risikomanagement. Signifikante steuerliche Risiken sollen so effektiv und konzentriert geprüft werden.
Neuregelung zur Datenübermittlung durch Dritte
Sofern von Dritten (wie z. B. Arbeitgeber, Versicherungen, Banken oder Sozialversicherungsträger u. a.) Daten an die Finanzverwaltung übermittelt werden, ist der Steuerpflichtige hierüber zu informieren. Diese Drittdaten gelten als Daten des Steuerpflichtigen, sofern er in der Steuererklärung keine abweichenden Angaben in sogenannten „qualifizierten Freitextfeldern“ macht. In diesen Fällen ist die Erklärung durch einen Amtsträger zu prüfen – sie wird dann maschinell ausgesteuert. Sind dagegen die von Dritten elektronisch übermittelten Daten nicht zutreffend berücksichtigt worden, ist ein Steuerbescheid zu korrigieren. Ansonsten erfolgt eine automationsgestützte Veranlagung.
Neuerungen zur Abgabe von Steuererklärungen
Die Abgabefrist von Jahressteuererklärungen wird für Besteuerungszeiträume nach 2017 neu gefasst. Bei der Einkommensteuererklärung 2018 endet sie bei unberatenen Steuerpflichtigen am 31.07.2019, bei Steuerpflichtigen mit Steuerberater am 02.03.2020 (da 29.02.2020 = Samstag). Vor Fristende können Vorabanforderungen erfolgen.
Beispiele: Herabsetzungsantrag, Vorauszahlungen, vorgesehene Außenprüfung, Betriebseröffnung etc. Nach einer Vorabanforderung (frühestens ab 31.07.) wird die Erklärungsfrist auf 4 Monate verkürzt.
Fristüberschreitung bedeutet automatisch Verspätungszuschlag. Dieser beträgt für jeden angefangenen Monat 0,25 % der um die Vorauszahlungen und die anzurechnenden Steuerabzugsbeträge verminderten Steuer. Der monatliche Mindestverspätungszuschlag beträgt EUR 25,00. Es gibt eine Ermessensfestsetzung, wenn das Finanzamt eine Steuer auf EUR 0,00 oder eine Steuererstattung festsetzt. Diese einzigen Rückausnahmen sind: Fristverlängerung nach § 109 AO, festgesetzte Steuer EUR 0,00, festgesetzte Steuer geringer als Vorauszahlungen zzgl. Steuerabzugsbeträge. Eine Fristverlängerung ist nur noch auf Ausnahmefälle beschränkt.
Vollautomationsgestützte Veranlagung
Die Finanzbehörden können Steuerfestsetzungen ausschließlich automationsgestützt erlassen, ändern oder aufheben. Anlässe für die Einzelfallbearbeitung durch einen Amtsträger bestehen, z. B. wenn das Risikomanagementsystem den Steuerfall ausgesteuert hat, da im „qualifizierten Freitextfeld“ abweichende Angaben zu Drittdaten eingetragen wurden, oder wenn der Steuerpflichtige dokumentiert von der Verwaltungsmeinung abweicht.
Elektronische Steuerverwaltungsakte
Die Finanzverwaltung kann Steuerbescheide, Einspruchsentscheidungen oder Prüfungsanordnungen zum elektronischen Datenabruf bereitstellen, wenn der Beteiligte bzw. der Steuerberater hierzu einwilligt. Die Steuerverwaltungsakte gelten, 3 Tage nachdem die Finanzverwaltung eine elektronische Nachricht über den Datenabruf abgesendet hat, als bekannt gegeben.
Belegvorhaltepflicht bei der Einkommensteuer ab Veranlagung 2017
Durch die zunehmende Digitalisierung hat der Gesetzgeber eine Belegvorhaltepflicht ab dem Veranlagungszeitraum 2017 bei der Einkommensteuer eingeführt. Belege werden danach durch den Steuerpflichtigen nicht mehr direkt mit eingereicht, sondern fallbezogen risikoorientiert durch das Finanzamt angefordert. Eine Vorlagepflicht besteht aber weiterhin z. B. bei Gewinnanteilen i. S. d. § 3 Nr. 40 EStG (Teileinkünfteverfahren) oder § 8b KStG. Sofern mit einer risikoorientierten Beleganforderung zu rechnen ist (z. B. einmalige hohe Erhaltungsaufwendungen bei Vermietung und Verpachtung), empfiehlt es sich zur Vermeidung von Rüstzeiten, wie bisher die Belege direkt mit der Steuererklärung und einem separaten Anschreiben beim Finanzamt einzureichen. Zur Vermeidung einer Vielzahl von Rückfragen und Beleganforderungen hat die bayerische Steuerverwaltung zusammen mit den Steuerberaterkammern München und Nürnberg sowie der Lohnsteuerhilfe Bayern e. V. Empfehlungen zur Belegvorlage für Angehörige der steuerberatenden Berufe erarbeitet. In einer Generalklausel wird u. a. festgehalten: Je bedeutender ein steuerlicher Sachverhalt ist, desto höher sind die Anforderungen an die Belegvorlage. Ein steuerlicher Sachverhalt ist in der Regel bedeutend, wenn er neu bzw. erstmalig oder einmalig ist; einen außerordentlichen (Geschäfts-)Vorfall darstellt; sich gegenüber dem Vorjahr erheblich ändert oder eine spürbare steuerliche Auswirkung nach sich zieht. Die Empfehlung stellt keine Handlungsanweisung zur Beleganforderung dar. Der Umfang der Beleganforderung liegt weiterhin im Ermessen der Finanzämter, die durch ein maschinelles Risikomanagementsystem bei der Erkennung prüfungswürdiger Sachverhalte unterstützt werden.
Die elektronische Kommunikation mit der Finanzverwaltung über RABE (Referenz auf Belege) ist in Vorbereitung, um Prozessabläufe medienbruchfrei zu gestalten, Zeitverluste zu vermeiden und unökonomische Datenbewegungen auszuschließen. Hierzu werden die Belege zukünftig den Formularfeldern in der Steuererklärung zugeordnet. Die Finanzverwaltung kann diese Belege dann mit abrufen. Dies wird voraussichtlich Ende 2019 der Fall sein.