Mit der Umsetzung der EU-Geldwäscherichtlinien in nationales Recht ist das Geldwäschegesetz (GwG) ein zentrales Instrument im Kampf gegen Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung geworden. Auch Rechtsanwälte sind – unter bestimmten Voraussetzungen – Verpflichtete im Sinne des § 2 GwG. Im Folgenden erhalten Sie einen umfassenden Überblick zu den gesetzlichen Grundlagen, typischen Anwendungsfällen und Empfehlungen für die Praxis.
Rechtsgrundlage: Wann gilt das GwG für Rechtsanwälte?
Rechtsanwälte sind nach § 2 Abs. 1 Nr. 10 GwG Verpflichtete, wenn sie im Namen und auf Rechnung ihres Mandanten an der Planung oder Durchführung bestimmter Transaktionen mitwirken, insbesondere:
Kauf und Verkauf von Immobilien oder Unternehmen (§ 2 Abs. 1 Nr. 10 lit. a GwG)
Verwaltung von Geld, Wertpapieren oder sonstigen Vermögenswerten (§ 2 Abs. 1 Nr. 10 lit. b GwG)
Eröffnung oder Verwaltung von Bank-, Spar- oder Wertpapierkonten (§ 2 Abs. 1 Nr. 10 lit. c GwG)
Gründung, Betrieb oder Verwaltung von Gesellschaften, Trusts oder ähnlichen Strukturen (§ 2 Abs. 1 Nr. 10 lit. d und e GwG)
Steuerliche Beratung, soweit die vorgenannten Tätigkeiten berührt sind (§ 2 Abs. 1 Nr. 12 GwG)
Auch Notare, Wirtschaftsprüfer und Steuerberater sind unter bestimmten Voraussetzungen Verpflichtete im Sinne des GwG.
Zentrale Pflichten für Rechtsanwälte nach dem GwG
Allgemeine Sorgfaltspflichten (§§ 10 ff. GwG)
Die wichtigsten Sorgfaltspflichten umfassen:
Identifizierung des Mandanten und des wirtschaftlich Berechtigten (§ 11 GwG):
Vor Begründung der Geschäftsbeziehung muss die Identität des Mandanten und ggf. des wirtschaftlich Berechtigten überprüft und dokumentiert werden.Abklärung von Zweck und Art der Geschäftsbeziehung (§ 10 Abs. 2 Nr. 2 GwG):
Anwälte müssen sich über den Zweck der Geschäftsbeziehung und die geplante Art der Transaktion informieren.Kontinuierliche Überwachung der Geschäftsbeziehung (§ 10 Abs. 2 Nr. 3 GwG):
Im Verlauf der Mandatsbeziehung ist eine fortlaufende Überwachung erforderlich, um Auffälligkeiten zu erkennen.Dokumentations- und Aufbewahrungspflichten (§ 8 GwG):
Die erhobenen Informationen und Unterlagen müssen mindestens fünf Jahre aufbewahrt werden.
Verdachtsmeldepflicht (§ 43 GwG)
Bei dem Verdacht auf Geldwäsche oder Terrorismusfinanzierung besteht nach § 43 Abs. 1 GwG eine unverzügliche Meldepflicht an die Financial Intelligence Unit (FIU). Die Meldung hat unabhängig davon zu erfolgen, ob die Transaktion letztlich durchgeführt wird.
Wichtig: Die anwaltliche Verschwiegenheitspflicht nach § 43 Abs. 2 Satz 1 GwG steht einer Meldung dann nicht entgegen, wenn der Anwalt für den Mandanten an einer Transaktion im Sinne des § 2 Abs. 1 Nr. 10 GwG mitwirkt. Keine Meldepflicht besteht bei bloßer Rechtsberatung oder Prozessvertretung.
Risikomanagement und interne Sicherungsmaßnahmen (§§ 4, 6 GwG)
Rechtsanwälte sind verpflichtet, ein wirksames Risikomanagementsystem einzurichten, das insbesondere eine Risikoanalyse (§ 5 GwG), interne Sicherungsmaßnahmen und regelmäßige Schulungen der Mitarbeiter umfasst.
Bestellung eines Geldwäschebeauftragten (§ 7 GwG)
In größeren Kanzleien kann die Bestellung eines Geldwäschebeauftragten erforderlich oder sinnvoll sein, insbesondere bei erhöhtem Risikoaufkommen.
Besondere Herausforderungen und Praxisprobleme
Internationale Strukturen:
Komplexe Beteiligungsverhältnisse und grenzüberschreitende Sachverhalte erhöhen das Risiko, unbeabsichtigt in Geldwäschehandlungen involviert zu werden.Abwägung Verschwiegenheit vs. Meldepflicht:
Die Grenze zwischen legitimer anwaltlicher Verschwiegenheit und zwingender Meldepflicht ist in der Praxis oft schwer zu ziehen. Hier ist eine genaue Prüfung im Einzelfall geboten.Typische Fehlerquellen:
Häufig werden Mandantenidentifizierung, Dokumentation oder Risikoeinschätzung zu oberflächlich gehandhabt – dies kann empfindliche Bußgelder nach sich ziehen.
Sanktionen und Aufsicht
Verstöße gegen das GwG können mit Bußgeldern von bis zu 1 Mio. Euro (§ 56 GwG) oder dem Zweifachen des aus dem Verstoß gezogenen wirtschaftlichen Vorteils geahndet werden. Die zuständigen Aufsichtsbehörden für Rechtsanwälte sind nach § 50 Nr. 3 GwG die Rechtsanwaltskammern.
Praktische Empfehlungen für Rechtsanwälte und Kanzleien
Risikobasierter Ansatz:
Entwicklung einer individuellen Risikoanalyse, regelmäßig zu aktualisieren (§ 5 GwG).Verfahrensanweisungen:
Dokumentation der Prozesse zur Mandatsannahme, Identifizierung und Verdachtsmeldung.Schulungen:
Verpflichtende, regelmäßige Mitarbeiterschulungen zu Geldwäscheprävention.Dokumentation:
Sorgfältige und nachvollziehbare Aktenführung – im Zweifel lieber zu viel als zu wenig dokumentieren.Interne Kommunikation:
Frühzeitige Einbindung des Geldwäschebeauftragten oder externer Berater bei Unsicherheiten.
Fazit
Das Geldwäschegesetz stellt hohe Anforderungen an Rechtsanwälte – sowohl in rechtlicher als auch in organisatorischer Hinsicht. Verstöße können erhebliche berufsrechtliche, wirtschaftliche und strafrechtliche Konsequenzen haben. Ein aktives, gelebtes Compliance-System ist für jede Kanzlei heute unverzichtbar.