Das Außensteuergesetz (AStG) regelt in Deutschland die steuerliche Behandlung von grenzüberschreitenden Sachverhalten und internationalen Verflechtungen. Ziel ist es, eine gerechte Besteuerung sicherzustellen, Steuervermeidung vorzubeugen und Wettbewerbsverzerrungen zu verhindern. Im Folgenden werden die wichtigsten Regelungen sowie Besonderheiten und Ausnahmen dargestellt.
1. Verrechnungspreise und der Fremdvergleichsgrundsatz
Ein zentraler Aspekt des AStG ist die Behandlung von Verrechnungspreisen (§ 1 AStG). Diese kommen bei Transaktionen zwischen verbundenen Unternehmen oder Personen zur Anwendung. Um zu vermeiden, dass Gewinne durch überhöhte oder zu niedrige Verrechnungspreise ins Ausland verlagert werden, gilt der Fremdvergleichsgrundsatz: Die Bedingungen solcher Transaktionen müssen so gestaltet sein, als würden sie zwischen unabhängigen Dritten bestehen.
Besonders komplex ist die Regelung bei der Verlagerung von Funktionen ins Ausland. Hier wird ein hypothetischer Fremdvergleichspreis ermittelt, der auch die übertragenen Chancen, Risiken und immateriellen Wirtschaftsgüter berücksichtigt. Immaterielle Werte, wie Patente oder Markenrechte, müssen angemessen vergütet werden, was besondere Anforderungen an die Dokumentation stellt.
2. Hinzurechnungsbesteuerung
Die Hinzurechnungsbesteuerung (§§ 7–14 AStG) betrifft ausländische Gesellschaften, deren Einkünfte einer niedrigen Besteuerung von unter 15 % unterliegen. Ziel ist es, die Besteuerung passiver Einkünfte sicherzustellen, beispielsweise von Zinsen, Lizenzgebühren oder Dividenden. Diese Einkünfte werden den deutschen Anteilseignern anteilig zugerechnet und in Deutschland besteuert.
Ausnahmen:
- Einkünfte, die aus aktiver wirtschaftlicher Tätigkeit stammen (z. B. Produktion, Handel oder Dienstleistungen), unterliegen nicht der Hinzurechnungsbesteuerung.
- Es existiert eine Freigrenze: Einkünfte von weniger als 10 % der Gesamteinkünfte der ausländischen Gesellschaft oder Beträge unter 80.000 Euro bleiben außer Ansatz.
3. Besteuerung bei Wohnsitzverlagerung
Das AStG regelt außerdem die steuerlichen Folgen bei einer Wohnsitzverlagerung in niedrigbesteuernde Gebiete (§ 2 AStG). Personen, die Deutschland verlassen, bleiben unter bestimmten Bedingungen beschränkt steuerpflichtig. Dies gilt, wenn wesentliche wirtschaftliche Interessen in Deutschland bestehen oder der Wohnsitz in einem Land mit niedriger Besteuerung liegt.
Eine niedrige Besteuerung wird angenommen, wenn die Steuerlast im Ausland um mehr als ein Drittel geringer ist als in Deutschland. Liegen diese Voraussetzungen vor, werden auch nach dem Wegzug Einkünfte aus deutschen Quellen weiterhin in Deutschland besteuert.
4. Wegzugsbesteuerung
Ein besonderes Augenmerk gilt der Wegzugsbesteuerung (§ 6 AStG). Verlegt eine natürliche Person ihren Wohnsitz ins Ausland, wird der Wertzuwachs ihrer Unternehmensbeteiligungen so behandelt, als ob diese veräußert worden wären. Dieser sogenannte „fiktive Veräußerungsgewinn“ ist in Deutschland steuerpflichtig.
Erleichterungen:
- Bei einer Rückkehr nach Deutschland innerhalb von sieben Jahren entfällt die Steuer, sofern die Beteiligungen nicht zwischenzeitlich veräußert wurden.
- Auf Antrag kann die Steuer in Raten gezahlt werden, häufig jedoch nur gegen Sicherheitsleistung.
5. Besteuerung von Familienstiftungen
Das AStG erfasst auch Familienstiftungen (§ 15 AStG), die im Ausland errichtet wurden, wenn Stifter oder Begünstigte in Deutschland steuerpflichtig sind. Dies soll sicherstellen, dass Familienstiftungen nicht zur Steuervermeidung missbraucht werden.
6. Mitwirkungspflichten und Dokumentation
Das AStG verpflichtet Steuerpflichtige zu umfassenden Mitwirkungspflichten (§§ 16–18 AStG). Dazu gehören insbesondere Nachweise über Verrechnungspreise sowie detaillierte Informationen zu Auslandsgeschäften. Die Finanzbehörden können im Zweifelsfall Maßnahmen zur Sachverhaltsaufklärung ergreifen. Unternehmen, die diesen Pflichten nicht nachkommen, riskieren Steuernachzahlungen oder Sanktionen.
Besonderheiten und Ausnahmen
- Europarechtliche Vorgaben: Regelungen wie die Hinzurechnungsbesteuerung müssen mit dem EU-Recht vereinbar sein, insbesondere mit der Niederlassungsfreiheit.
- Doppelbesteuerungsabkommen (DBA): Diese Abkommen haben Vorrang vor dem AStG, wenn ihre Anwendung eine Doppelbesteuerung verhindert.
- Erleichterungen für KMU: Kleinere Unternehmen können unter bestimmten Voraussetzungen von vereinfachten Dokumentationspflichten profitieren.
Fazit
Das Außensteuergesetz ist ein zentrales Instrument, um internationale Steuervermeidung zu verhindern und die Gleichbehandlung von inländischen und ausländischen Einkünften sicherzustellen. Die Regelungen sind komplex und verlangen eine sorgfältige Prüfung grenzüberschreitender Geschäftsbeziehungen. Unternehmen und Steuerpflichtige sollten frühzeitig steuerliche Beratung einholen, um rechtliche Risiken zu vermeiden und alle Pflichten zu erfüllen.