Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) hat mit seiner Rechtsprechung in der Vergangenheit die Rechte des Beschuldigten und damit die Position des Verteidigers gestärkt: Der Grundsatz des fairen Verfahrens gebot danach – eingedenk der einschneidenden Konsequenzen eines jeden Freiheitsentzuges insbesondere – in Haftsachen die Durchführung eines kontradiktorischen Verfahrens, welches Waffengleichheit zwischen dem Betroffenen und der Staatsanwaltschaft gewährleistet.
Im Jahr 2009 konstatierte der EGMR nochmals einen Verstoß gegen Art. 5 Abs. 4 EMRK: Dem Verteidiger wurde in einer Haftsache Akteneinsicht verwehrt und nur die Kopie einer Zusammenfassung angeblich hinterzogener Steuer-Beträge ausgehändigt, sodass er die Rechtsbehelfe gegen die Haftanordnung ohne jede Kenntnis vom übrigen Akteninhalt führen musste. Akteneinsicht wurde erst drei Monate nach seinem Antrag gewährt – zur gleichen Zeit wie die Entscheidung über die Verschonung des Mandanten. Und noch im Jahr 2011 wiesen Esser, Gaede und Tsambikakis zu Recht darauf hin, dass diese Rechtsprechung bereits seit geraumer Zeit existiert, aber bis dato »weitgehend unbekannt« geblieben ist und die »Ermahnung« die Strafverfolgungsbehörden »wenig beeindruckt« hat.